Obwohl KI im Gesundheitswesen seit Jahren an Bedeutung gewinnt und bereits eine Reihe KI-gestützter Applikationen den Weg in die klinische Praxis gefunden hat, gleicht die Distribution medizintechnischer Algorithmen nach wie vor einer Baustelle – und auch die Applikationen selbst sind zumeist auf sehr eng gefasste Aufgabenstellungen ausgerichtet. Die schiere Anzahl neuer KI-Lösungen auf dem Markt wirkt auf viele Mediziner abschreckend. Mit dem Amplifier Marketplace hat Sectra eine Plattform geschaffen, die nicht nur Übersicht über das Angebot liefert, sondern auch hilft, die richtige KI für die jeweilige Aufgabe zu finden.
In dem Webinar „AI in clinical practice – Sectra’s Amplifier Marketplace and how to evaluate the purchase of AI solutions“ auf der DMEA Digital erörterten Nynke Breimer, Produktmanagerin KI/Amplifier Marketplace bei Sectra, und PD Dr. Daniel Pinto dos Santos, Radiologe am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Universitätsklinik Köln den aktuellen Stand der KI im Gesundheitswesen – der durchaus noch von einem Klima der Skepsis geprägt sei: „Das Beste von dem, was die KI für uns zu bieten hat, liegt noch vor uns“, zeigte sich Breimer überzeugt. Das liege nicht nur am technischen Fortschritt, sondern auch daran, dass Menschen mit der Zeit besser darin werden, mit KIs umzugehen und die Technologie zu nutzen, um ihre Ziele zu erreichen.
Als Beispiele für solche Ziele nannte sie mehr Effizienz in klinischen Abläufen, neue diagnostische Möglichkeiten oder die Absicherung ärztlicher Befunde. KI könne zudem dank Standardisierung dazu beitragen, die Befundqualität über Einzelpersonen und Abteilungen hinweg auf ein gleichbleibend hohes Niveau zu bringen. Insbesondere jüngere Ärzte seien daran gewöhnt, das Potential der KI zu nutzen und stünden der Technologie aufgeschlossen gegenüber.
Das Beste von dem, was die KI für uns zu bieten hat, liegt noch vor uns.
Welche KI ist die richtige für den Job?
Doch das Feld medizinischer KI-Helfer wächst rasant, die Anzahl an Applikationen – von Allround-Lösungen bis hin zu hochspezialisierten Tools – ist kaum überschaubar. Wie lässt sich in dieser Fülle die am besten geeignete KI für eine bestimmte Aufgabe finden? „Bevor sie eine KI zur Unterstützung heranziehen, sollten Anwender sich darüber im Klaren sein, welches Problem sie damit lösen wollen“, gibt PD Dr. Pinto dos Santos zu bedenken. „Die Anforderungen an KI-Lösungen unterscheiden sich zum Teil enorm, abhängig von der konkreten Aufgabenstellung.“ So könnte ist etwa als „second reader“ für ein generelles Brustkrebs-Screening eine andere diagnostische Genauigkeit der KI erforderlich sein als für die Absicherung bereits erstellter Befunde. Letztendlich bemesse sich die Relevanz einer KI daran, ob sie dazu beiträgt, messbar Prozesse zu optimieren oder das Outcome der Patient*innen zu verbessern, betont der Experte.
Auf der Suche nach der passenden Lösung kann der Amplifier Marketplace eine große Hilfe sein: Der digitale Marktplatz bietet eine Liste empfehlenswerter KI-Apps, die sich über eine Reihe von Filterfunktionen auf die jeweiligen Anforderungen anpassen lässt. Die vorgestellten KI-Lösungen stammen entweder von Entwicklern, mit denen Sectra zusammenarbeitet, oder sie wurden von Sectra-Kunden empfohlen, die mit den jeweiligen Produkten gute Erfahrungen gemacht haben.
Bevor sie eine KI zur Unterstützung heranziehen, sollten Anwender sich darüber im Klaren sein, welches Problem sie damit lösen wollen.
Weg vom Wechsel
Ist das richtige Tool erst einmal gefunden, sind weitere Hürden zu bewältigen – darunter die Integration in bestehende IT-Systeme. Auch an dieser Stelle kann der Amplifier Marketplace seine Stärken ausspielen: Alle dort verfügbaren KI-Anwendungen – von der Radiologie-Applikation bis hin zum Helfer für die digitale Pathologie – lassen sich in den Sectra Diagnostic Viewer einbinden und von dort aus abrufen. Das erleichtert die Einbindung in die Krankenhaus-IT und die eigentliche Nutzung der KI-Helfer. Der Zugang zu allen Funktionen über ein einziges Programm ist für PD Dr. Pinto dos Santos ein zentraler Aspekt: „Es ist ärgerlich, für jeden Arbeitsschritt das Programm wechseln zu müssen. In einer Zeit, in der jeder von seinem Smartphone ein hochkomfortables User Interface gewohnt ist, fühlt sich diese Arbeitsweise wie ein technologisches Relikt an.“ Die Einbindung sämtlicher Funktionen in eine gemeinsame Oberfläche ist nicht nur zeitgemäß, sie spart auch Zeit und schont Systemressourcen. „Der Workflow profitiert sehr davon – ein Aspekt, der in Zukunft eine immer wichtiger wird“, zeigt sich der Experte überzeugt.
Der Amplifier Marketplace besteht aus drei Komponenten: Für die meisten Endnutzer am wichtigsten ist der Amplifier Marketplace, in dem Best-of-Breed KI-Lösungen aufgerufen und passend zum jeweiligen klinischen Bedarf ausgewählt werden können. Bei der Amplifier Plattform handelt es sich um eine Cloud-basierte Schnittstelle für die Einbindung, Weiterentwicklung und Skalierung der ausgewählten Applikationen. Einen Überblick über die Leistung der KI und ihre Auswirkungen auf die klinischen Prozesse liefert schließlich Amplifier Analytics. Um in der KI keine undurchschaubare ‚Black Box‘ zu haben, wird zudem viel Wert auf Transparenz gelegt; über Monitoring-Funktionen lässt sich darstellen, wie sich KI-generierte Ergebnisse zusammensetzen.
Wenn immer ausgereiftere Algorithmen klinische Abläufe merklich verbessern, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch Mediziner, die die Technologie skeptisch betrachten, die Vorteile erkennen und KI als normalen Teil ihrer Arbeitsumgebung akzeptieren.
KI, die sich rechnet
Die KI-Helfer können nach dem Baukastenprinzip in den Sectra Workplace eingebunden werden. So wird etwa bei einem Thorax-CT die KI-Analyse per zuschaltbarem Overlay über den diagnostischen Bildern angezeigt, ohne dass ein zusätzliches Programm geöffnet werden muss. Verbunden mit einer standardisierten, strukturierten Befundung entsteht ein ganzheitliches Bild eines Patienten, das allen beteiligten Medizinern über Abteilungsgrenzen hinweg zur Verfügung steht.
Die einfache Integration ist auch wirtschaftlich interessant, bei neuer Technik ein nicht zu unterschätzender Faktor, wie PD Dr. Pinto dos Santos unterstreicht: „Besonders außerhalb des akademischen Sektors spielt es eine wichtige Rolle, ob eine neue Technologie – so innovativ sie auch sein mag – kosteneffizient funktioniert. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass eine KI, die nachweislich das Outcome verbessert, zukünftig bessere Chancen auf eine entsprechende Vergütung haben wird.“
Der Experte sieht im neuen KI-Marktplatz ein vielversprechendes Werkzeug, die neue Technologie in der Medizin stärker zu etablieren: „Wenn immer ausgereiftere Algorithmen klinische Abläufe merklich verbessern, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch Mediziner, die die Technologie skeptisch betrachten, die Vorteile erkennen und KI als normalen Teil ihrer Arbeitsumgebung akzeptieren.“
Nynke Breimer
Globale Produktmanagerin KI/Amplifier Marketplace, Sectra
PD Dr. Daniel Pinto dos Santos
Radiologe am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Universitätsklinik Köln