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Scrums, Sprints und Radical Fridays- wie bei Sectra Produkte entstehen

Magnus Ranlöf, Vice President für Produktentwicklung bei Sectra

Neue Ideen für neue Produkte zu entwickeln – das ist der Sauerstoff, der ein Unternehmen vital halt. Aber wie schafft man Freiraum für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit sie im aufreibenden Tagesgeschäft auch kreative Ideen entwickeln können?

Sectra hat hier einen neuen und zukunftsweisenden Weg gewählt. Dabei wird zunächst jede, auch die vermeintlich verrückteste Idee gehört…, denn wer weiß, vielleicht ist es gerade sie, die am Ende den Durchbruch bringt.

Magnus Ranlöf, Vizepräsident Produktentwicklung bei Sectra, erläutert, wie sein Team dieses Konzept umsetzt. Ein Herzstück dieses Prozesses sind die Radical Fridays. „Damit wollen wir unsere Mitarbeiter zur Innovation anregen“, so Ranlöf. Normalerweise arbeiten rund 130 Kolleginnen und Kollegen in mehreren Teams an fünf Standorten an der Entwicklung einer Software. Die Aufgaben werden vom Produktmanager geplant. Für die Radical Fridays aber wird Zeit freigeschaufelt. Sie sind für die Entwickler gedacht, die hier im Grunde das tun können, was sie möchten“, erklärt Ranlöf. „Das hat zu vielen neuen Funktionen bei Produkten geführt, die zunächst gar nicht auf der To-do-Liste standen.“ So ist aus den Radical-Friday-Meetings zum Beispiel ein Nutzer-Chat in der Radiologieanwendung entstanden. Auch ein völlig neuer Arbeitsbereich für die radiologische Befunderstellung sowie Konzepte und Prototypen von Funktionen in der Produktfamilie sind Ergebnisse der Radical Fridays.

Das Projekt – alle Ideen kommen auf den Tisch

Trotz des Freiraums, den die Radical Fridays bieten, ist der Gesamtprozess klar strukturiert. „Wir führen diese Treffen etwa alle sechs Wochen durch. Start ist jeweils am Donnerstagnachmittag. Die Einstimmung findet allerdings bereits am Mittwochnachmittag statt, dann treffen wir uns zwanglos bei Chips und Getränken und reden über unsere Ideen“, berichtet Ranlöf. Aus diesen informellen Gesprächen bilden sich Gruppen. Diese neuen Teams – und die Betonung liegt auf Teams – tauschen Ideen aus, essen zusammen, reden, werfen sich gegenseitig Ideen zu und bringen ihre unterschiedlichen Perspektiven ein. „Wenn fünf Personen um einen Tisch sitzen, gibt es fünf Perspektiven, und genau diese Vielfalt führt am Ende zu einem besseren Produkt. Hier geht es um flexibles, agiles und intuitives Denken,“ beschreibt Ranlöf das Vorgehen. Ist eine Idee „ausgebrütet“, folgt eine zweiwöchige sogenannte Sprint-Phase, in der der Produktverantwortliche Prioritäten setzt, einen Zeitplan erstellt und die nächsten Schritte definiert. Pro Release (Einführung eines neuen Software-Updates) gibt es etwa sechs dieser zweiwöchigen Sprint-Phasen. Das hat sich als konstruktiver herausgestellt als mehr-monatige Zeiträume, da sie flexibler sind und den agilen Teams die Möglichkeit geben, schneller auf ein sich änderndes Umfeld zu reagieren oder auf Kundenwünsche einzugehen.

Scrum – intuitiv und kontinuierlich am Produkt

Ein weiterer Aspekt des Entwicklungszyklus ist der Scrum, ein Begriff aus dem Rugby. Hier geht es darum, sich „auf den Ball“ zu konzentrieren. Auf Sectra übertragen bedeutet das, dass die Mitarbeiter komplexe Anpassungsprobleme angehen. Auch dies, so Ranlöf, ist eine Möglichkeit, agile Entwicklung umzusetzen. Agil bedeutet in diesem Zusammenhang, iterative kurze Feedbackzyklen sowohl intern als auch extern mit dem Kunden zu durchlaufen, um die tatsächlichen Anforderungen zu erkennen und beantworten zu können. „Scrum ist die Implementierung eines intuitiven und kontinuierlichen Entwicklungszyklus, in der Folge ändert sich manchmal sogar die Zielsetzung im Laufe des Entwicklungsprozesses völlig“, so Ranlöf. Erst, wenn die Sprint-Phasen gemeistert sind, erhält der Kunde Informationen und Einzelheiten eines Updates. Der Release erfolgt also als Gesamtpaket, nicht schrittweise. „Wöchentliche oder vierzehntägige Software-Updates passen nicht in die Arbeitsabläufe der Kunden, da sie Neuerungen erst testen und integrieren müssen“, erläutert Ranlöf.

Aber was genau ist ein „neues“ Produkt, wenn der Be-griff von unterschiedlichen Beteiligten unterschiedlich definiert wird? „Ganz gleich, ob wir einer Software eine neue Komponente hinzufügen oder ein komplett neues eigenständiges Produkt entwickeln, am Anfang steht immer der Bedarf. Dann durchlaufen wir eine Phase, in der wir die kommerziellen Aspekte betrachten, anschließend folgt die Discovery-Phase.“

Discovery-Phase – der Kunde kommt ins Spiel

In der Discovery-Phase wird der Prototyp erstellt und das Problem und seine Lösung beim Endkunden durchgespielt. Aus der Discovery-Phase heraus entsteht ein Zeitplan, bei dem der Produktverantwortliche zusammen mit den relevanten Teams die Entwicklung leitet. „Danach überlegen wir, wie das Produkt auf den Markt gebracht werden kann“, erläutert Magnus Ranlöf. „Dann geht es an die Umsetzung. An diesem Punkt arbeiten wir häufig eng mit unseren Kunden und anderen Beteiligten zusammen, um sie an den Fortschritten teilhaben zu lassen.“ Der Kunde ist ein wichtiger Akteur während der Entwicklung, da er das Produkt validiert und sicherstellt, dass es das erwünschte Ergebnis auch tatsächlich liefert.

Und so haben selbst die auf den ersten Blick verrück-testen Ideen eine Chance, die Patientenversorgung entscheidend zu verbessern – dank der Radical Fridays.

Magnus Ranlöf ist Vice President für Produktentwicklung bei Sectra. Er war Forschungsingenieur an der Fakultät für Technologie und Wissenschaft (ITN) der Universität Linköping, bevor er 2003 als Entwick-ler und Projektmanager zu Sectra kam. Später wechselte er als Gruppenleiter in den Produktsupport. In seiner aktuellen Funktion leitet Magnus Entwicklungsteams im Bereich Großsysteme für lebenswichtige Software. Er zeichnet für Budget, Strategie, Regulierungsangelegenheiten und Personal verantwortlich. Unter seiner Ägide wuchsen sowohl das Team als auch das Produktportfolio. Magnus hat sich zum Ziel gesetzt, die Automatisierung in seinen Entwicklungsgruppen voranzutreiben, um so die Effizienz zu steigern und die Workflows zu optimieren.